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Am 17. Juli 2019 hat das BKartA die einvernehmliche Verfahrensbeendigung mit Amazon mitgeteilt. Neben der Pressemeldung (hier) wurde auch ein Fallbericht (hier) veröffentlicht. Am selben Tag leitete die Europäische Kommission ein Verfahren gegen Amazon ein (hier).

Heinz & Zagrosek hat einen Nähmaschinenhändler als Beschwerdeführer im deutschen Verfahren vertreten.

Das BKartA ermittelte insbesondere in Bezug auf Amazons Haftungsregelungen, Kündigung und Sperrung von Händlerkonten, Gerichtsstand (Zuständigkeit nur in Luxemburg), Retouren und Erstattungen, Produktinformation und Nutzungsrechte, Geheimhaltung, Transparenz, Produktrezensionen und Verkäuferbewertungen.

Die Tatsache, dass das BKartA Amazon davon überzeugen konnte, ihre AGB in relativ kurzer Zeit zu ändern und zu ergänzen (im Vergleich zu anderen Missbrauchsverfahren wurde der Fall innerhalb von ca. 7 Monaten abgeschlossen), ist sehr positiv.  Es ist schon bemerkenswert, dass das BKartA eine globale Lösung erreichen konnte, d.h. eine, die nicht nur auf seinen Zuständigkeitsbereich in Deutschland beschränkt ist. Die Änderungen scheinen die meisten Beschwerdepunkte abzudecken, aber natürlich wird es entscheidend sein, wie Amazon diese versprochenen Änderungen in die Realität umsetzen wird. Der Teufel steckt in den Details, und das Bundeskartellamt ist bereit, das Verfahren wieder aufzunehmen, sollte Amazon die Änderungen nicht richtig umsetzen.

In Deutschland ging es nicht in erster Linie um die Doppelrolle Amazons als Plattformanbieter und Händler – das ist jetzt Gegenstand des Kommissionsverfahrens -, sondern vielmehr um den ausbeuterischen Missbrauch gegenüber auf der Plattform tätigen Händlern durch die Einführung missbräuchlicher Handelsbedingungen.

Der Fall betraf aber auch die Behinderung und Abschottung von Händlern, insbesondere durch die Nutzung ihrer marktbeherrschenden Stellung im eigenen Einzelhandel: Amazon erlaubt die Veröffentlichung von Produktbewertungen auf seiner Plattform nur dann, wenn sie von einem eigenen „Amazon Vine“-Dienst erstellt werden, nicht von Drittanbietern. Gleichzeitig wird verhindert, dass Plattformhändler den Vine-Service nutzen, der nur für Anbieter der eigenen Retail-Aktivitäten von Amazon (Vendoren) verfügbar ist.

Hier hat Amazon nun versprochen, weiteren Händlern den Zugang zum Amzon Vine Service zu gewähren und Dienstleistungen für die Überprüfung neuer Produkte anzubieten, was sehr positiv ist. Das BKartA hat jedoch nicht entschieden (und von der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung ausgeklammert), wie mit dem Umstand umzugehen ist, dass Amazon von über Drittdienstleister organisierte und auf Amazon veröffentliche Produktbewertungen rückwirkend gelöscht bzw. verbot, die ebenfalls Teil der Beschwerde waren und getätigte Investitionen der Händler in diesem Bereich betreffen. Das BKartA wollte das informelle Gesamtpaket der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung offensichtlich nicht aufhalten und verzichtete daher auf eine eingehende Prüfung dieser Aspekte.  Stattdessen wartet es die Ergebnisse der derzeit laufenden Sektoruntersuchung zur Nutzerbewertung ab (siehe unseren Blog hier), die sich ebenfalls mit diesem Thema befasst. Das Thema ist für Online-Händler nach wie vor sehr wichtig. Der Teufel steckt in den Details, und das BKartA ist bereit, das Verfahren wieder aufzunehmen, sollte Amazon die Änderungen nicht richtig umsetzen.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden und die Europäische Kommission den Umfang und den Zeitplan ihrer Verfahren koordinieren – da bei der Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts parallele Kompetenzen bestehen, während die Kommission letztendlich einen Fall übernehmen kann. Hier war es effizient, die Inhalte der Verfahren zu koordinieren, um zu vermeiden, dass die Behörden im Wesentlichen die gleichen Fragen überprüfen.

Heinz & Zagrosek wurden im Zusammenhang mit der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung mit Amazon in der Juve (here) und GCR (here) erwähnt und Frau Heinz wurde auch zitiert.