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Die Europäische Kommission hat im April 2018 im Competition Policy Brief einen Beitrag veröffentlicht, der sich mit dem Coty-Urteil und dessen Auswirkungen beschäftigt, siehe hier.
Es geht also um die Frage des Verbots für Händler von Verkäufen über Drittplattformen im Internet.  Die Kommission stellt klar, dass sie den Bann von Verkäufen über Drittplattformen nach Coty nicht als Kernbeschränkung i.S.d. Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung (Vertikal-GVO) sieht.  Das gilt aufgrund der Systematik der Kernbeschränkungen in Art. 4 der Vertikal-GVO unabhängig vom Vorliegen eines zulässigen qualitativen selektiven Vertriebssystems und ist auch nicht auf Luxusprodukte beschränkt.  Danach sind Drittplattformverbote an sich von der Vertikal-GVO freigestellt, wenn die Marktanteile der betroffenen Unternehmen 30% nicht übersteigen.  Soweit die Marktanteile höher liegen, wäre eine Einzelfreistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zu prüfen.

Diese Haltung scheint mit den Ausführungen des BGH in Sachen Asics (v. 12.12.2017, Az. KVZ 41/17, siehe hier)
wenige Tage nach dem Coty-Urteil zu kollidieren.  Der BGH hatte eine Rechtsbeschwerde von Asics abgelehnt, u.a. mit dem Hinweis, dass Coty sich auf Luxusprodukte bezieht.  Im Ergebnis hat der BGH eine Kernbeschränkung bejaht, weil Asics nicht nur Verkäufe über Drittplattformen untersagte, sondern seinen Händlern auch verbot, das Markenzeichen in jeglicher Form auf der Internetseite Dritter zu verwenden, um Kunden auf die Internetseite des Händlers zu leiten, sowie die Funktionalität von Preisvergleichsmaschinen zu unterstützen und Vertragswaren über den Internetauftritt eines Dritten zu bewerben, sofern der Name oder das Logo der Plattform des Dritten abgebildet wurde.

Die Kommission beschäftigt sich in dem genannten Beitrag nicht mit dem Verbot der Unterstützung von Preisvergleichsmaschinen oder sonstiger Beschränkung von Werbung im Internet mit dem Markenzeichen.  Sie hat sich dazu auch noch keine abschließende Meinung gebildet.  Vertreter der Kommission deuten aber auf Konferenzen an, dass ein Verbot kritisch sein könnte.  Allerdings erscheint es Ihnen fraglich, dass das Vorliegen einer Kernbeschränkung, wie der BGH sie letztlich in Asics angenommen hat, von der Bündelung oder einer Häufung von mehreren Beschränkungen abhängen solle.

Fazit: die Klarstellung der Kommission ist gut begründet und begrüßenswert.  Es bleibt abzuwarten, ob das BKartA sich dieser Interpretation des Coty-Urteils anschließt, insbesondere einer breiteren Anwendung über Luxusprodukte hinaus.  Es wäre wünschenswert, weil ansonsten eine einheitliche Linie in der EU bei der Anwendung von Art. 101 AEUV in diesen Fragen gefährdet wäre.  Allerdings ist bei der Gestaltung von Händlerverträgen mit Beschränkungen von Drittplattformen und Werbemöglichkeiten im Internet, einschließlich Preissuchmaschinen, nach wie vor eine sorgfältige Prüfung ratsam, insbesondere in Deutschland.